Montag, 4. März 2013

Wir brauchen eine Lohnobergrenze und keinen Mindestlohn


Populisten sämtlicher Parteien und natürlich auch die Meute der Medien springen gerade wieder auf einen in Fahrt kommenden Zug auf – den eines fairen Mindestlohns in Deutschland. Es ist Wahlzeit – was sonst! Anderenfalls würde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keiner dieser Populisten einem der dringendsten Probleme in diesem Lande widmen. Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland im Niedriglohnsektor dahinvegetieren, ja vegetieren, denn leben kann man mit einem monatlichen Einkommen zwischen 500 und 1000 Euro bei rund 70 Wochenstunden Arbeit in einem Hochpreisland wie unserem wahrlich nicht. Und wie immer haben auch die Medien, die entweder im Besitz von Großkonzernen oder der Politik und deshalb von objektiver Berichterstattung meilenweit entfernt sind, ein Wörtchen mitzureden. Die Talkshows – angefangen bei der gekünstelten Maybritt Illner bis hin zum Oberkonservativen Günther Jauch – wimmeln deshalb gerade von selbst ernannten Experten und Mahnern, die einen Lohn, für den sie selbst wohl keinen Tag arbeiten würden, als Arbeitsmarktschädigung bezeichnen. Nur einem einzigen Zweck dienen solche Verdummungsstrategien – einen gesetzlichen Mindestlohn final zu verhindern. Von Industrieexperten über Arbeitsmarktexperten bis hin zu Niedriglohnempfängern wird alles eingeladen was Wut, Zorn, Gier und Mitleid schürt und die Klassen von etwas Wichtigem abhält. Etwas, das alle Probleme in diesem Lande sehr viel schneller lösen könnte als jede Debatte – Solidarität und Fairness im Umgang miteinander.

Die CDU/CSU, allen voran die Mutter der Nation und Populistin schlechthin – Arbeitsministerin Ursula von der Leyen – schämt sich tatsächlich nicht, die Bürger dieses Landes wieder einmal zu verhöhnen. Erst war es ihr Lieblings-Schlagwort die „Rente“ – die nicht ausreichen wird. Was hat sie noch dagegen getan – ach ja, NIENTE! Dem Rentenproblem folgte die inhaltslose Phrase „Stärkung der Familien“ und nun ist es endlich wieder einmal der Hungerlohn, der immer mehr Deutsche betrifft. Schlagwörter hat Frau von der Leyen zur Genüge parat und mit ihrer mitleiderregenden Stimme schafft sie es doch tatsächlich immer wieder mit ihrer geheuchelten Betroffenheit zu punkten. Dabei weiß doch jeder einigermaßen klar denkende Mensch, der zweite Name der Schwarz-Gelben-Regierung lautet „Industrievertreter“, mit der Vertretung des Volkes hat diese Regierung nicht das Geringste am Hut.

Würden diese verlogenen Opportunisten tatsächlich das deutsche Volk vertreten, dann würde es in diesem Lande völlig anders aussehen. Dann gäbe es keine Zustände und Arbeitsbedingungen wie bei Amazon, Zalando und Lidl. Lebensmittelskandale – vom Dioxin-Skandal über Gammelfleisch bis zu Pferdefleisch und Pilzgiften – wären dann ebenso obsolet. Die vielen Lebensmittelchemiker, die vom Gesetzgeber alle absichtlich nicht eingestellt oder sogar noch entlassen werden, würden das tun wofür sie ausgebildet wurden – nämlich für die Einhaltung von gesetzlich festgelegten Grenzwerten und den Schutz des Verbrauchers sorgen, anstatt als Account Manager für den Absatz von Waren die Niemand wirklich braucht. Warum fehlen in der Lebensmittelüberwachung so viele Mitarbeiter – nicht weil sie nicht vorhanden wären sondern weil dieser künstliche Mangel Kalkül ist. Würden Lebensmittelindustrie und EU-Importe flächendeckend geprüft, wäre dies eine Maßnahme gegen die Gewinnmaximierung deutscher Konzerne. Weshalb? Ganz einfach, weil Lebensmittel für Niedriglöhner billig gehalten werden müssen. Ein bekannter Mann sagte einmal: „Erst kommt das Fressen und dann die Moral“. Wird ihnen einiges klar? Nur wer nicht hungert gebiert nicht auf. Billige Lebensmittel können aber nicht gesund sein, das ist ein Widerspruch in sich. Gute Qualität zu produzieren kostet Geld, viel Geld, Geld das Niedriglöhner nicht haben. Schnäppchen-Lebensmittel sind nicht nur ungesund oder irreführend sondern eben auch mehr oder weniger schädlich, denn die Gewinne müssen ja maximal sein. Oder glauben sie wirklich, es gäbe so billige Lebensmittel in Deutschland wenn deren Inhaltsstoffe von hoher Qualität wären.

Die Mär vom Fachkräftemangel trifft auch auf die vielen Lebensmittelchemiker zu – sie fehlen nicht sondern sind einfach zu teuer für einen Schnäppchen-Lebensmittelmarkt. Werfen Sie einmal einen Blick in die Arbeitslosenstatistik, sie werden staunen wie viele hochqualifizierte Deutsche nur deswegen keine Arbeit finden weil sie zu alt und damit zu teuer, zu intelligent und zu selbstbewusst sind. Mit solchen Eigenschaften lässt sich im Billiglohnsektor nichts anfangen, dort sind vielmehr eingeschüchterte Arbeitnehmer gefragt, die ohne großes Aufmucken ihrer Arbeit nachgehen und bitte nicht auf Rechte und Schutzvorschriften pochen. Solche Menschen sind mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt und haben keine Zeit sich um die wichtigen Dinge zu kümmern. Deshalb hat unsere Regierung auch auf Wunsch ihrer Vorgesetzten - einer deutschen Ausbeuterindustrie die in Europa ihresgleichen sucht – das Märchen vom Fachkräftemangel in die Welt setzen können ohne dass es einen Aufschrei gab. So können, ganz legal versteht sich, Arbeitskräfte – auch Akademiker – aus ganz Europa, und immer häufiger auch aus Indien und China nach Deutschland geholt werden, mit dem Ziel unsere Löhne immer weiter zu drücken. Was aktuell primär für weniger qualifizierte Arbeitnehmer gilt – das Arbeiten für einen Hungerlohn – wird zunehmend auch immer mehr Hochqualifizierte treffen.

Warum steht Deutschland (unsere Industrie!) so viel besser da als der Rest Europas? Weil unsere Arbeitnehmer einen hohen Preis für diesen Aufschwung bezahlen müssen. Dass Deutschland sich als Exportweltmeister brüsten kann liegt nicht daran, dass wir so tolle Produkte herstellen – das ist lange vorbei – es liegt eher daran, dass wir, im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, England, Spanien oder Italien, einen immer größeren Teil unserer Menschen regelrecht ausbeuten. Die Menschen dieses Landes bezahlen für den Wohlstand der wenigen Reichen, der immer schneller wächst und wächst. Was die Europäer wahrnehmen ist der Reichtum einer kleinen Schicht – der Großkonzerne und ihrer Bosse – die wie ein Parasit auf Kosten vieler Armer lebt. Dieser Parasit saugt und saugt und wird erst aufhören wenn sein Wirt am Ende ist. Deutschland ist schon heute so etwas wie das China des Westens, nirgends ist Arbeit so billig wie bei uns, verglichen mit Ländern ähnlicher Leistungsfähigkeit. Und wer nicht ausreichend Geld hat, der kann selbstverständlich auch keine gesunden Lebensmittel bezahlen. Ergo, muss es einen Schnäppchenmarkt für Lebensmittel geben. Und dass so ein Schnäppchenmarkt uns buchstäblich nur „Scheiße“ als Nahrung verkauft, das muss jedem vernünftigen Menschen klar sein.

Das ganze ist eine Art Teufelskreis, der sich nur durch eine grundlegende Änderung des Gesamtsystems durchbrechen lässt. Der Turbokapitalismus ist in der Sackgasse, er hat keine Zukunft mehr, selbst die Schweiz hat dies erkannt. Rund 70 Prozent haben dem Volksentscheid zur Abschaffung von Manager-Boni und Millionen-Abfindungen gestern zugestimmt. Wir stehen gerade, wo der Sozialismus kurz vor seinem Zusammenbruch stand, es ist also nur noch eine Frage der Zeit wann hier alles den Bach runter geht. Lassen wir uns nicht täuschen, hinter unserem Rücken werden schon Devisen getauscht, Gold angehäuft und alles was Wert hat aus dem Euro abgezogen. Die Reichen sind dabei ihr Hab und Gut vor einem drohenden Zusammenbruch in Sicherheit zu bringen, doch uns lässt man glauben, Alles sei in bester Ordnung. Während die EU versucht, das System mit billigem Geld von der europäischen Zentralbank zu stabilisieren, planen EU-Staaten bereits ihren Ausstieg. Hier schimpfen Politiker über Silvio Berlusconi und nennen ihn einen Clown. Man mag von ihm denken was man will, er hat nicht ganz Unrecht mit seinen Einwänden gegen die EU, die uns alle noch ärmer machen will und wird.

Eines ist klar, die Debatte um den Mindestlohn ist nicht viel mehr als Wahlpropaganda und wird nicht viel mehr bringen als ein paar Euro mehr in den Taschen der Ärmsten. Ingesamt aber wird die Masse der Deutschen immer ärmer werden. England, Frankreich und sogar Italien haben schon seit Langem einen Mindestlohn. Und sie weigern sich auch ihre Industrie auf Kosten ihrer Arbeitnehmer wettbewerbsfähig zu machen, was kein Fehler sondern richtig ist. Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten einer ganzen Bevölkerung, das kann es nicht sein. Italien sieht nicht ein, seinen Arbeitnehmern Rechte des Kündigungsschutzes zu nehmen und deren Gehälter zu kürzen, alles was die Agenda 2010 zu unseren Lasten und den Gunsten der Industrie getan hat und was wir jetzt auch von Italien fordern. Weltweite Konkurrenzfähigkeit führt in die Sackgasse und zum Niedergang eines jeden Volkes. Sie bedeutet im Klartext nichts anderes als eine weltweite Nivellierung der Lebensbedingungen. Wollen wir wirklich so leben wie die chinesischen Arbeiter, nur damit unsere Großindustrie weiterhin Exportweltmeister sein kann.

Wenn alle Deutschen eine leistungsgerechte Bezahlung erhielten – und das müssten beim Preisniveau einer Stadt wie München mindestens 2000 Euro Netto sein – dann hätten wir einen funktionierenden Binnenmarkt und müssten nicht Exportweltmeister werden. Die Gier regiert in den Großkonzernen, sie wollen alle Reichen weltweit erreichen und die Arbeitnehmer sollen für diese Expansion bezahlen. Das muss endlich ein Ende haben. Deshalb brauchen wir auch keinen Mindestlohn, vielmehr müssen wir uns für eine Lohnobergrenze stark machen. Nur eine Lohnobergrenze kann uns langfristig echten Wohlstand bringen und zwar allen und nicht nur 10% der Bevölkerung. Ein Volksentscheid nach dem Vorbild der Schweiz ist deshalb das einzig Wahre. Wenn Bosse ab sofort nur maximal zehnmal so viel verdienen dürften wie der am schlechtesten bezahlte Mitarbeiter im Unternehmen, würde sich das Problem der Niedriglöhne ganz von selbst lösen. Die Gier der Manager würde zu massiven Lohnsteigerungen in den unteren Etagen führen. Die guten Gehälter würden zu einer gesteigerten Nachfrage an hochwertigen Lebensmitteln und Produkten beitragen, den Binnenmarkt stärken und Schnäppchen-Lebensmitteln ganz von selbst das Wasser abgraben. Wenn all’ diese Lobbyisten einmal echte Weitsicht walten ließen und weniger auf die Höhe ihrer Honorare schielen würden, dann hätte Deutschland blühende Landschaften und glückliche Menschen – eine Illusion, ich weiß!

Freitag, 1. März 2013

Nachruf auf Stéphane Hessel – ein großer Humanist ist tot!


Empört Euch! So der Titel seines nur 27-seitigen Buches das alles über die aktuelle weltweite Situation aussagt, die dabei ist unseren Frieden und unsere Demokratie zu zerstören.

Stephane Hessel - Schriftsteller und Widerstandskämpfer

Auszug aus dem Buch Empört Euch! Von Stéphane Hessel

Widerstand kommt aus Empörung: Man wagt uns zu sagen, der Staat könne die Kosten dieser sozialen Errungenschaften nicht mehr tragen. Aber wie kann heute das Geld dafür fehlen, da doch der Wohlstand so viel größer ist als zur Zeit der Befreiung, als Europa in Trümmern lag? Doch nur deshalb, weil die Macht des Geldes – die so sehr von der Résistance bekämpft wurde – niemals so groß, so anmaßend, so egoistisch war wie heute, mit Lobbyisten bis in die höchsten Ränge des Staates.

In vielen Schaltstellen der wieder privatisierten Geldinstitute sitzen Bonibanker und Gewinnmaximierer, die sich keinen Deut ums Gemeinwohl scheren. Noch nie war der Abstand zwischen den Ärmsten und den Reichsten so groß. Noch nie war der Tanz um das goldene Kalb – Geld, Konkurrenz – so entfesselt. Das Grundmotiv der Résistance war die Empörung.

Wir, die Veteranen der Widerstandsbewegung und der Kampfgruppen des Freien Frankreich, rufen die Jungen auf, das geistige und moralische Erbe der Résistance, ihre Ideale mit neuem Leben zu erfüllen und weiterzugeben. Mischt Euch ein, empört Euch! Die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, die Intellektuellen, die ganze Gesellschaft dürfen sich nicht kleinmachen und kleinkriegen lassen von der internationalen Diktatur der Finanzmärkte, die es so weit gebracht hat, Frieden und Demokratie zu gefährden.

Ich wünsche allen, jedem Einzelnen von euch einen Grund zur Empörung. Das ist kostbar. Wenn man sich über etwas empört, wird man aktiv, stark und engagiert. Man verbindet sich mit dem Strom der Geschichte, und der Strom der Geschichte nimmt seinen Lauf dank dem Engagement der Vielen – zu mehr Gerechtigkeit und Freiheit, wenn auch nur zur schrankenlosen Freiheit des Fuchses im Hühnerstall. Die in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 niedergelegten Rechte sind universell. Wann immer sie Jemandem vorenthalten werden, und ihr merkt es: Nehmt Anteil, helft ihm, in den Schutz dieser Rechte zu gelangen.

Welche großen Worte aus dem Munde eines 96-Jährigen. Nehmen wir uns ein Beispiel an seiner Kraft und seiner Ausdauer, seinem nie endenden Aufruf zum Widerstand und zur Gegenwehr in einem Kampf der doch fast aussichtslos erscheinen mag.

Stéphan Hessel verstarb vorgestern 96-jährig in Paris. In Berlin geboren, flüchtete er während der Nazidiktatur mit seiner Familie nach Paris, wo er bis zu seinem Tod lebte und nie müde wurde gegen Ungerechtigkeit und Verstoß gegen die Menschenrechte zu kämpfen. Stéphane Hessel war alt, doch in seinen Gedanken war er ein junger Revoluzzer geblieben. Er hatte das, was vielen jungen Menschen heute leider fehlt – Kampfgeist! Nur Empörung führt zu Wut und Zorn und nur ausreichend Wut und Zorn führt zum Widerstand. 

Widerstand gegen die herrschende Klasse der immer reicher werdenden dekadenten Gesellschaftsschicht, die skrupellos nimmt, nimmt und nimmt, während die Gebenden immer ärmer, kränker und schwächer werden. Lassen wir es nicht so weit kommen, dass unser Kampfgeist und unser Wille zum Widerstand zunehmend schwächer werden. Erinnern wir uns wohin uns Gleichgültigkeit gebracht hat und werfen wir einen Blick in die Staaten in denen das Volk zu lange von Diktatoren ausgeblutet wurde. Das Endziel ist klar - es heißt Aufruhr, Kampf und Tod. Lassen wir es nicht so weit kommen, empören wir uns solange es noch möglich ist. 

Dass uns zunehmender Verlust an Wohlstand in Ängste und in ein Gefühl der Machtlosigkeit, des Verdrusses und der Frustration treibt ist der erste Schritt zu vollständiger Wehrlosigkeit. Folgen wir also dem Vorbild des großen Humanisten Hessel und empören wir uns, bevor wir es nicht mehr können. Empörung macht stark. Empörung macht aktiv. Empörung schafft Veränderung. Empörung rettet die Demokratie vor der Diktatur einer kleinen herrschenden Elite, die immer stärker wird. Erkennen wir, dass wir nur noch einen kleinen Schritt von Diktatur und Leibeigentum entfernt sind und stehen wir dagegen ein. Es lohnt sich, für uns alle!

Wie lächerlich wirkt dagegen der jüngste Vorstoß der EU, die Boni der Banker auf die Höhe des Fixghaltes zu begrenzen. Anstelle, analog der Schweizer 1:12 Initiative, das Gehalt der Banker auf das 12-fache des niedrigsten Einkommens in einer Bank zu begrenzen, läßt die EU nun wieder ein Schlupfloch offen. Denn nichts ist einfacher als das Jahresfixgehalt zu verdoppeln oder zu verdreifachen und dadurch auch die Bonushöhe in exorbitante Höhen zu ziehen. Lasst euch durch diese lächerlichen Maßnahmen, die nur Augenwischerei sind, nicht in die Irre führen. Auch die EU ist Teil dieses perfiden Spiels, zu groß ist die Zahl der Lobbyisten in Brüssel.

Mittwoch, 27. Februar 2013

Der Amigo-Effekt - wie Top-Manager Aktiengesellschaften abziehen


Der Spinne auf der Spur – das korrupte Netz des Daniel Vasella

Obwohl gerade Ex-Novartis-CEO Daniel Vasella die Gemüter erhitzt, er ist nicht der Einzige. Die Riege des Top-Managements ist eine verschworene Gemeinschaft von Amigos. Keine Krähe hackt der anderen ein Auge aus, alle ziehen am gleichen Strang und tragen zur kontinuierlichen Enteignung unserer Gesellschaften bei. Wie die Spinne im Netz saß auch Daniel Vasella 17 Jahre lang in der Unternehmensspitze des Schweizer Pharmariesen Novartis. Gemeinsam mit zwei deutschen ehemaligen Henkel-Managern hat Vasella ein korruptes Netz gesponnen, das nicht nur ihm fette Beute einbrachte.

Novartis Zentrale in der Schweiz - Copyright Novartis

In 17 Jahren hat Daniel Vasella seinen Arbeitgeber, den Schweizer Pharmakonzern Novartis, um 400 Millionen Franken erleichtert – ganz legal versteht sich. Gemeinsam mit zwei Amigos, ehemaligen Top-Managern des deutschen Konsumgüter-Riesen Henkel, baute sich der Novartis-CEO ein tragfähiges Netz in dessen Mitte er wie eine Spinne auf fette Beute lauerte. Illegal war ihr handeln nicht, eher schon von einer perfiden Cleverness, der manche sogar Respekt zollen. Bei der Berechnung ihrer Vergütung zogen Vasella, Sihler und Lehner die exorbitanten Gehälter US-amerikanische Manager als Benchmark heran und sicherten sich so unverhältnismäßig hohe Saläre, Antrittsprämien und Abfindungen. Von etwa zwei Millionen Jahresgehalt kletterte Vasellas Verdienst während seiner Amtszeit auf 20 Millionen Schweizer Franken. Den krönenden Abschluss seiner Tätigkeit wollte sich der Manager erst kürzlich mit weiteren 59 Millionen versüßen lassen, stieß dabei aber endlich auf massiven Widerstand aus der Bevölkerung.

Nicht die Presse sondern ein Finanzblog im Internet hatte Vasellas erneuten Griff ins Honigglas entdeckt und thematisiert. Ein weiterer Beweis für eine von der Macht bereits korrumpierten Presse, die ihrer Aufgabe, die Bevölkerung über unlautere Machenschaften aufzuklären, immer weniger nachkommt. Den Griff in ein so üppig gefülltes Honigglas konnte sich Vasella laut Aussage einer Quelle, die hier nicht genannt werden möchte, noch nie verkneifen. Doch Vasella ist nicht der Einzige in der Top-Riege der Manager der glaubt, sich alles leisten zu können ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Italien ist überall auf der Welt, ohne Korruption kommt die Wirtschaft zum Erliegen. Das ist bekannt, doch Niemanden kümmert es, Niemand schiebt dieser Sauerei eine Riegel vor.

Nicht einmal die in der Schweiz initiierte Abzocker-Initiative konnte Vasella von seinem geplanten Raubzug gegen die Novartis-Aktionäre abbringen, so sicher fühlte sich die Spinne in ihrem Netz. Doch Herr Vasella hatte die Rechnung wohl ohne den Wirt gemacht, der Shit-Storm im Internet brach über ihn herein und zwang ihn zu seiner Aussage, er werde die 59 Millionen der MS-Forschung spenden. Doch wer glaubt einem Fuchs der verspricht den Hühnerstall zu meiden – Niemand. Vasella blieb also nicht anderes übrig als auf das geforderte Abschiedsgeschenk zu verzichten. Seit der Schweizer Unternehmer Thomas Minder seine Abzocker-Initiative ins Leben gerufen hat geht die Angst unter Europas Top-Managern um. Jüngste Umfragen gehen am 3. März von einer 60-prozentigen Zustimmung für die Abschaffung von Abschiedszahlungen in Millionenhöhe aus. Wie groß die Angst ist zeigt eine kürzlich publizierte Studie eines Schweizer Professors, der beim positiven Ausgang der Volksbefragung einen Standortnachteil für die Schweiz befürchtet. Würden wir es nicht besser wissen, wir würden diesen Schwachsinn auch noch in die Sparte valide Studie einordnen. Nur zu dumm, dass der genannte Professor für seine Dienste ein Salär von 80.000 Franken erhielt und der Vorsitz seines Instituts von Daniel Vasella geführt wird.

Daniel Vasella - Meeting World Economic Forum 2010 - Copyright Novartis

Ist der Feldzug gegen Vasella und damit gegen die Riege der Top-Manager tatsächlich nur eine Neid-Debatte, der Hass der „Looser“ gegen die „Winner“? Wer an der Abzocker-Mentalität und der Selbstbedienung in Aktiengesellschaften, die von einer Gruppe Amigos geführt und gleichzeitig kontrolliert werden, noch immer Zweifel hat werfe einen Blick auf das perfide Netzwerk von Herrn Vasella. Eines zeigt die nachfolgende Ausführung ganz deutlich, eine zu große Nähe zwischen Managern und ihrem Aufsichtsrat führt zu Gehaltsexzessen wie wir sie aktuell beobachten können.

Für Vasellas Goldregen ist auch ein Deutscher verantwortlich, der ehemalige Henkel-Boss Ulrich Lehner, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Telekom ist. Wie so viele dieser alternden Alphatiere sitzt auch Lehner in vielen Aufsichtsräten gleichzeitig und verdient sich so ein ordentliches Auskommen. Während unten die Drecksarbeit von Arbeitskräften verrichtet wird, deren Gehalt, trotz 60 Stundenwoche, kaum zum Leben reicht, greifen die Oberen immer öfters mit vollen Händen in die prall gefüllten Kassen. Wer kann es ihnen verübeln, schließlich schieben ihnen die Hauptaktionäre – und das sind zu einem Großteil institutionelle Investoren, die sich selbst Bereicherung auf die Fahnen geschrieben haben – keinen Riegel vor.

Seit 2002 sitzt der heute 66-Jährige Lehner im Novartis-Verwaltungsrat und wird bis zum Antritt des neuen Novartis CEO Daniel Vasella als Interimspräsident vertreten. Ein weiterer deutscher Top-Manager, der sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, sitzt ebenfalls im Novartis-Aufsichtsgremium und auch er hatte seine Augen fest verschlossen. Die Rede ist von Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Die beiden Top-Manager, die eigentlich eher die Bezeichnung moralische Versager tragen sollten, haben ohne jeden Skrupel der verrückten Forderung Vasellas nach 59 Millionen zugestimmt.

Die Luft scheint dünner zu sein da oben im Top-Management und diese dünne Luft vernebelt wohl so einigen den Verstand, was möglicherweise am Sauerstoffmangel in so schwindelnden Höhen liegen könnte. War es vielleicht nur der Sauerstoffmangel, der den Herren im Aufsichtsgremium das Gehirn vernebelte und sie die Forderung Vasellas durchwinken ließ. Viel wahrscheinlicher ist allerdings eine andere Kleinigkeit, ich nenne sie den Amigo-Effekt. Vasella freundete sich nämlich bereits zu Beginn seiner Amtszeit mit Lehners Vorgänger bei Henkel, den Österreicher Helmut Sihler, an. Sihler, der gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender beim Sportwagenhersteller Porsche war, überzeugte den passionierten Porschefahrer Vasella vom neuesten Modell aus der deutschen Edelschmiede. Bei Novartis war Sihler nicht nur Vorsitzender des Vergütungsausschusses, er hatte wohl auch einen ähnlich lockeren Umgang mit Geld wie sein Ziehsohn Vasella. Gemeinsam hievte das Amigo-Gespann seine Gehälter in allzu luftige Höhen und verlor dabei wohl ein klein wenig den Bezug zur Realität. Anders kann man sich ihre Saläre, die fast schon schmutzig anmuten, nicht erklären.

Vasellas Gehirn muss wohl bereits von einem dicken Tumor durchfressen sein, anders ist seine Äußerung „Ob der Novartis Chef nun 5 oder 50 Millionen verdiene sei angesichts eines Umsatzes von 7 Milliarden Franken völlig irrelevant“ nicht zu deuten. In den Folgejahren muss der Tumor rasch an Volumen zugenommen und Vasella völlig verwirrt haben, den er trieb sein Gehalt in mit Leistung nicht mehr zu erklärende zweistellige Millionenhöhe. Doch die Amigo-Story ist damit noch nicht zu Ende, 2002 holte Sihler auch Lehner in den Novartis-Aufsichtsrat und als er 2007 sein Amt bei Porsche aufgab, rückte ebenfalls Lehner auf sein Anraten in das Kontrollgremium des Familienunternehmens nach. Obwohl Lehner als Lead Director das Vergütungssystem bei Novartis ohne Zustimmung Vasellas reformieren hätte können, hat er nichts dergleichen unternommen.

Weshalb er Vasellas goldenen Handschlag einfach so abnickte konnten wir nicht eruieren, allerdings spricht Vieles für seine enge Beziehung zum Ziehvater Sihler und sein freundschaftliches Verhältnis zu Vasella selbst. Man könnte den Amigo-Effekt auch als Vetternwirtschaft bezeichnen, aber ganz egal wie sie es nennen, das Ziel derartiger Zirkel ist klar. Bereicherung in den oberen Etagen auf Kosten der hart arbeitenden Bevölkerung. Eine Verschiebung von Geld von unten nach oben. Der Amigo-Effekt und ein Fehlen einer wirklich effektiven Kontrolle der Amigos ist der Hauptgrund für die unmoralische Bereicherung im Top-Management fast aller Großunternehmen. Lächerlich und wie eine Farce wirkt in diesem Zusammenhang ein Satz aus dem aktuellen Geschäftsbericht von Novartis. Dort heißt es: „Novartis fördert eine Atmosphäre, die es den Verwaltungsratsmitgliedern erlaubt, heikle Fragen und abweichende Meinungen kund zu tun“.

Bilderberger - Copyright WeAreChange.dh


Sie meinen das sei Übertreibung, dann fragen sie sich doch einmal wie Herr Vasella überhaupt zu Novartis kam – durch herausragende Leistungen ganz bestimmt nicht. Fakt ist, Vasella hat die Tochter eines ehemaligen Sandoz-Präsidenten geheiratet (dafür sind Frauen also noch immer gut)? Sein Schwiegervater war es auch, der die Fusion Ciba-Sandoz durchgeboxt und den Kronprinzen anschließend auf den reich geschmückten Thron gesetzt hat. Und wenn sie jetzt noch glauben, unsere Politiker hätten damit ja wohl nichts zu tun, dann sind sie falsch gewickelt. Die enge Vernetzung Wirtschaft und Politik macht die Bereicherung in den oberen Etagen doch erst möglich. Dafür sorgen Geheimzirkel wie die Bilderberger, denen natürlich auch Vasella angehört. Vasella hat das Treffen 2011 in einem Luxushotel im Engadin initiiert und bezahlt. Beim jährlichen Meeting der Bilderberger trifft sich die Weltelite aus Politik und Wirtschaft und natürlich dürfen auch die manipulierten Publizistiker dabei keinesfalls fehlen. Im 30-köpfigen Steuerungskomitee saßen Daniel Vasella und sein Amigo Josef Ackermann. Unterkunft und Verpflegung der verschworenen Gemeinschaft ging natürlich auf den Gastgeber Vasella. Ob er das Finanzielle mit seiner eigenen Kreditkarte erledigt hat oder es auf die Preise der Novartis Medikamente aufgeschlagen hat bleibt leider im Dunkeln. Für Fragen zum Thema verwies der gute Mann auf das Sekretariat der Bilderberger, ein solches ist aber leider unauffindbar.


Montag, 25. Februar 2013

EMPÖRT EUCH ENDLICH!


Thomas Minder bringt es auf den Punkt, in einem Interview in der aktuellen Wirtschaftswoche fordert der Rebell aus der Schweiz: „Wir müssen der Abzockerei der Top-Manager endlich einen Riegel vorschieben!“ Doch  der Schweizer Unternehmer, der sein Geld mit Zahnpasta und Mundwasser verdient und sich bei den Grünen engagiert, schwingt nicht nur große Reden. Minder ist Initiator einer Volksabstimmung, die den so freiheitsliebenden Schweizern wie der Vorhof zur Sozialismus-Hölle vorkommen muss. Dass die Situation prekär ist und von Arbeitnehmern auf der ganzen Welt nicht mehr einfach so hingenommen wird, zeigt der Zuspruch der bevorstehenden Volksbefragung. Nach aktuellen Schätzungen sind 60% der Schweizer Bürger dafür, Managerabfindungen ab sofort gesetzlich zu verbieten. Sollte sich diese Schätzung am 3. März 2013 als korrekt erweisen könnte dies eine Weichenstellung für ganz Europa bedeuten und der geplanten EU-Regulierung sehr entgegenkommen. Im Rahmen der Bankenregulierung möchte die EU nämlich auch die Höhe der Bonuszahlungen an Manager begrenzen und ein positiver Ausgang der Schweizer Volksbefragung könnte diesem Vorhaben weiter Vorschub leisten.

Thomas Minder (rechts) propagiert seine Volksabstimmung
Aber Minder ist nicht der Einzige, der der Selbstbedienungsmentalität in den Chefetagen endlich Daumenschrauben anlegen will. Auch die Jungsozialisten in der sonst so konservativen Schweiz sehen ein Umdenken in der Gesellschaft längst als überfällig. Mit ihrer „1:12-Initiative“, über die die Schweizer Bevölkerung im Herbst dieses Jahres abstimmen wird, haben es die Jungsozialisten auf Lohnobergrenzen im Management abgesehen. Geht es nach den Initiatoren, sollen Manager demnächst maximal das Zwölffache des geringsten Lohns in einem Unternehmen verdienen. Ein Blick auf die aktuellen Gehälter der Bosse zeigt, es ist allerhöchste Eisenbahn der Selbstbedienung in den Chefetagen einen Riegel vorzuschieben. Denn es kann nicht angehen, dass einige Manager das Geld der Investoren schamlos vernichten und dafür noch mit einem goldenen Handschlag belohnt werden.


Firma
Chef
Jahregehalt in Euro (gerundet)
VW
Martin Winterkorn
16 Millionen
Daimler
Dieter Zetsche
8,5 Millionen
Siemens
Peter Löscher
8,5 Millionen
Linde
Wolfgang Reitzle
6,7 Millionen
RWE
Jürgen Großmann
6,4 Millionen
Deutsche Bank
Josef Ackermann
6,2 Millionen
BMW
Norbert Reithofer
6,1 Millionen
SAP
Bill McDermott
6,1 Millionen
Adidas
Herbert Hainer
5,9 Millionen

Der BMW-Chef zahlt sich ein grandioses Gehalt, BMW macht satte Umsätze auf der ganzen Welt und dennoch beschäftigen die Inhaber, die Familie Quandt, mehr als 15 Prozent Leiharbeiter. Aber was soll man von einer Familie erwarten, die während des 3. Reichs Zwangsarbeiter ausgebeutet und sterben hat lassen und sich noch immer weigert, diese Problematik öffentlich zu diskutieren. Der am besten bezahlte Manager, VW-Chef Martin Winterkorn, sollte für seine Dienste im Jahr 2012 mit einem stolzen Salär von 20 Millionen Euro belohnt werden. Ganz ehrlich, welche Arbeit und möge sie noch so komplex sein, ist solch' eine Entlohnung wert? Werfen wir doch einmal einen realistischen Blick auf diese immense Zahl, für die es keine wie auch immer geartete Rechtfertigung geben kann. 20.000.000 Euro pro Jahr, das sind gigantische 83 Tausend Euro pro Tag. Und wofür, für die Maximierung der eigenen Bezüge auf Kosten der unteren Einkommen. Dafür, dass Arbeitsplätze vernichtet, reguläre Arbeitsplätze durch minderwertige Leiharbeitsplätze ersetzt werden und all’ das nur um in einer globalen Welt voller "Niedriglöhner" konkurrenzfähig zu bleiben. Diese "Niedriglöhner" oder Leibeigenen sind der Grund dafür, dass Wohlstand in Ländern wie Deutschland nach und nach vernichtet wird, dass die Schere zwischen Arm und reich sich immer weiter spreizt und immer mehr Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Wir können nicht gegen China, Bangladesch und Taiwan konkurrieren, denn ein Leben im Hochpreisland Deutschland ist kostspielig. Alleine das Überleben erfordert eine Lohnstruktur die weit über dem liegt was Leiharbeiter heute verdienen. Schaffen wir es nicht, diesen Teufelskreis umzukehren ist unsere Demokratie in großer Gefahr.

Ein paar Fakten führen uns den Wahnsinn vor Augen und wenn das alles nicht so verdammt traurig wäre, dann könnte man fast darüber lachen. So schüttet die Deutsche Bank pro Jahr mehr Boni als Dividende aus. Und während die Löhne in Deutschland den letzten Jahren kontinuierlich gesunken sind, in den Chefetagen der internationalen Konzerne sind sie in gigantische Höhen geklettert. Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung Kienbaum bezahlten sich die Bosse im Jahr 2010 elf Prozent mehr an Gehalt und 2011 stiegen ihre Bezüge immer noch um 6,8 Prozent. Gewerkschaften müssen dagegen um jeden einzelnen Prozentpunkt feilschen und kämpfen – eine Farce! Während sich der ordinäre Leiharbeiter mit rund 12.000 Euro Netto im Jahr zufriedengeben muss, nehmen sich die Bosse durchschnittlich 1,4 Millionen Euro Fixgehalt. Dazu kommen Boni, Dienstwagen, Villa, Personal und Leibwächter. 

So erhält der ehemalige TUI-Chef, der als Wertevernichter par excellence galt, ein jährliches Ruhestandsgeld von satten 800.000 Euro. Die aktuellen Rückstellungen für Daimler-Chef Zetsche liegen bei rund 30 Millionen Euro – mit so einem Polster lässt sich der Ruhestand ohne Frage richtig geniessen! Auch die 20 Millionen von Winterkorn haben keine Berechtigung, denn der zugrunde liegende Unternehmensgewinn beruht zur Hälfte auf Einmaleinnahmen, sind also vielmehr Bilanzschönungen, die das Gehalt des Bosses in fast unerhörte Höhen getrieben haben. Die Zeche zahlen die einfachen Arbeiter, jeden Euro den man ihnen abringt schlägt man oben auf die Gehälter auf. 

Ein ganz besonders unverschämtes Beispiel einer solchen unverschämten Bereicherung ist der ehemalige Novartis-CEO Daniel Vasella, der ein Netzwerk von Korruption um sich aufgebaut hatte das jeglicher Beschreibung spottet. Lassen sie sich vom freundlichen Grinsen dieses Ausbeuters nichts in die Irre führen, während seiner „Regentschaft“ in den Jahre 1996 bis 2010 spülte ihm sein perfides Vergütungssystem rund 300 Millionen Euro in die Haushaltskasse. Der Aufsichtsrat wurde finanziell gefügig gemacht und Vasella selbst war dessen Vorsitzender, als Vergleichsgruppe seiner Gehaltsstruktur zog Vasella ausnahmslos hochdotierte US-Vorstände heran und katapultierte seine Bezüge so in unerreichbare Dimensionen. Natürlich läßt sich die ehemalige Nummer eins bei Novartis auch seinen Abgang vergolden. Für ein Arbeitsverbot von sechs Jahren forderte Vasella einen Betrag von 59 Millionen Euro. Gigantische 59 Millionen für das Nichtstun! Auch wenn er im Zuge der Aufregung um die Volksabstimmung in der Schweiz nun einen Rückzug gemacht hat, die Empörung blieb.

Daniel Vasella bei der Novartis-Hauptversammlung
Statt dieser Selbstbedienung endlich Einhalt zu gewähren und wieder für Löhne zu sorgen, die diesen Namen auch verdienen, setzen unsere Volksvertreter lieber auf Selbstverantwortung. Von einer durch Korruption verseuchten Industrie so etwas wie Selbstverantwortung zu erwarten ist ähnlich naiv, wie vom einem Süchtigen zu erwarten er möge das Kokain vor seiner Nase verschmähen. Wer glaubt, dass sich dekadente Firmenlenker zu Gunsten ihrer Mitarbeiter zügeln, der liegt nicht nur falsch sondern ist zudem ziemlich naiv. Wer sich einmal an einen luxuriösen Lebensstil gewöhnt hat, der kann nur schwer von diesem lassen. Korrupte Arbeitnehmervertreter, die sich an Nutten und Champagner gewöhnt haben, vertreten wohl eher die Interessen ihrer Geldgeber und weniger der bedürftigen Arbeitnehmer.

Wer also hier in Deutschland in Kürze eine Änderung der prekären Situation erwartet, der kann warten bis er schwarz wird. Leider sind auch Politiker und Gewerkschaftslenker korrumpiert und viele sind mit Geld gefügig gemacht. Die Politik ist europaweit mit Lobbyisten durchseucht und welche Lobby hat der Bürger - KEINE. Wir schaffen es nicht einmal uns zu organisieren, bei Demonstrationen sind gerade einmal ein paar Tausend auf den Straßen, so lassen sich verkrustete Strukturen nicht aufbrechen. Die Masse wird mit Brot und Spielen und mit der Angst vor Arbeitsplatzverlust ruhig gestellt und wirkt wie paralysiert. Unsere Jugend wird von Massenmedien gesteuert, die ungebremsten Konsum als ultimativen Lebenssinn propagieren. Warum leben gerade in unserem Lande so viele Ignoranten, Heuchler und Egoisten? Hat das etwas mit unserem Genpool zu tun oder warum sind Franzosen, Spanier und Griechen, ja sogar Ägypter, sehr viel kämpferischer und mutiger wenn es um ihre Rechte geht. Warum schafft es Deutschland nicht einmal, diese Probleme objektiv zu thematisieren und zu diskutieren. Warum nur ist die deutsche Presse so oft das manipulative Werkzeug der herrschenden Klasse, warum kommt sie ihrem Auftrag, Missstände öffentlich anzuprangern, immer weniger nach. Hier liegt auch der Schlüssel für den Niedergang der Presse, sie passt sich an das Niveau vieler Fernsehsender an und für Schrott wollen Menschen heute keinen Penny mehr bezahlen. Das wenige noch verfügbare Geld wird in die wirklich wichtigen Dinge investiert. Pressefreiheit ist in Deutschland eine Utopie, wenn wundert das, wenn auch bei uns und nicht nur in Italien die vermeintlich freie Pressen von der Politik gesteuert wird. So ist beispielsweise die SPD zu 50% an einem Verlag beteiligt. Kann ein Journalist provokant über eine Partei schreiben, wenn diese doch sein Brötchengeber ist? Sicher nicht!

Anstelle einer echten Initiative, die unsere Bevölkerung endlich wach rütteln und zum Handeln bringen würde, ziehen pseudo-politische Talkshows á la Maybritt Illner das Ganze auch noch ins Lächerliche. Politiker werden in diesen Talkshows mit Samthandschuhen angefasst, Probleme werden verharmlost oder, was noch fataler ist, einfach ins Lächerliche gezogen. Dass der Rest der Welt über uns Deutsche lacht und den Kopf schüttelt, interessiert die Masse der Ignoranten wenig. Anstatt die Arbeit niederzulegen, die Republik zu blockieren und auf diese Weise die so dringenden Veränderungen in der Arbeits- und Lohnstruktur herbeizuführen, ziehen wir es vor froh zu sein – über diese tolle Leiharbeit, diesen Minijob oder das geliebte, wenn auch unbezahlte, Praktikum. Schließlich haben wir dazu 10 andere Bewerbern ausgebootet, ein echtes Erfolgserlebnis.

Wenn wir nicht endlich aufwachen und uns einmischen, uns empören, dann werden wir enden wie Spanien und Griechenland. Nivellierung heißt das Schlüsselwort, ganz Europa soll nivelliert werden auf ein Niveau, das global konkurrenzfähig ist. Werfen wir einen Blick zurück in die Geschichte, lernen wir aus diesen Fehlern und vermeiden wir dadurch, was frühere Menschen nicht vermeiden konnten – einen Krieg. Es ist ganz einfach, wie schon Stéphane Hessel in seiner Abhandlung „Empört Euch“ vorschlägt, wir müssen uns nur auf Artikel 22 der Menschenrechte berufen, dort findet sich das Wichtigste „Schwarz-auf-Weiß“. Wir haben ein Anrecht darauf, fordern wir es also endlich ein.

Freitag, 15. Februar 2013

Amazon und Hitlers Gehilfen


Die halbe Welt kennt und liebt Amazon. Ein Großteil der Bücher, die in unserem Lande gelesen werden, kommen aus den Lagern des U.S. Unternehmens. Gegründet während der Internet-Hype, ist Amazon eines der wenigen Unternehmen, die das Platzen der dot.com Blase nicht nur überlebt sondern auch von ihr profitiert haben. Wie ein Krake hat sich der ehemalige Online-Buchhändler mittlerweile ausgebreitet, kein Produkt das sich nicht auch bei Amazon erwerben ließe. Dass dabei immer mehr Existenzen kaputt gehen sehen wir in unserem Wahn nach immer billigeren Produkten und schnelleren Lieferungen nicht. Mit Scheuklappen laufen wir einer von Brot und Spielen dominierten Gesellschaft hinterher.
Mit einem Saubermann-Image in der Werbung, in das Amazon Millionen Dollar investiert, hat uns das Unternehme lange glauben lassen, es gäbe in seinen gigantischen Fabriken so etwas wie eine Unternehmens-Philosophie. Eine Art soziale Verantwortung also – auch und vor allem gegenüber seinen Mitarbeitern. Denn ohne die vielen fleißigen Hände, die tagaus tagein in den Fabriken schuften, für einen Hungerlohn und Verträgen die vor Ungerechtigkeit zum Himmel schreien, wäre Amazon nichts. Wenn seine Mitarbeiter heute alle die Arbeit verweigern kann Amazon morgen dicht machen!
Wäre es nicht an der Zeit, die vielen Werbemillionen in die Menschen zu investieren, die den Erfolg Amazons ausmachen – die Mitarbeiter. Doch weit gefehlt, was Amazon am Standort Deutschland abzieht spottet jeder Beschreibung und unsere Politik schaut nicht nur zu sondern verschließt auch noch die Augen. Wen interessiert, dass Millionen Menschen zu Gunsten des Wachstums der Krake Amazon bei unwürdigen Arbeitsbedingungen und Hungerlöhnen ihr Dasein fristen müssen. Niemanden, solange der Preis stimmt. Aber klar, sozial ist schließlich was Arbeit schafft, ganz egal unter welchen Bedingungen und zu welchem Preis. Lächerlich, die Aussagen von Frau von der Leyen zu dramatisch sinkenden Löhnen und Renten. Deutschland ist ein Hochpreisland, doch eine Vielzahl von Bürgern soll für immer weniger Geld rackern. Aber weshalb beschweren, schließlich sorgen wir doch dafür dass ihr ausreichend billige Nahrungsmittel bekommt. Gestern war es Gammelfleisch, heute ist es vergiftetes Pferdefleisch und – wer weiß – vielleicht verkauft uns die Lebensmittelmafia schon morgen Leichen aus den Krisengebieten als Schweinefleisch. Wenn interessiert es – Hauptsache billig, denn auf unser täglich Fleisch wollen wir nicht verzichten.
Hauptsache die dicken Bankkonten der oberen Zehntausend wachsen kontinuierlich weiter und versorgen mit regelmäßigen Zuflüssen auch unsere „Volksvertreter“.  Es ist an der Zeit sich gegen diese „Subjekte“, die sich Volksvertreter nennen und nur dazu da sind, die Pfründe der Superreichen zu verteidigen, zu wehren. Die Historie zeigt eines ganz deutlich, ohne Revolution ändern sich die herrschenden Bedingungen in einer Gesellschaft nicht oder nur sehr langsam. Wer gibt schon freiwillig Gut, Geld und Privilegien auf – ich kenne Niemanden. Doch auch wenn es viele von uns heute noch nicht betrifft, jeder wird einmal älter, die Technik schreitet weiter fort und die Automatisierung macht vor keiner Branche halt. Wer heute noch nicht betroffen ist, könnte schon morgen zu den Verlierern gehören. Die „Spiele Theorie“ des Nobelpreisträgers Nash hat unsere Welt verändert und uns gleichzeitig quasi berechenbar gemacht. Alles ist mit den Gesetzen der Mathematik erklärbar – auch der Mensch uns sein Verhalten, das gemäß dieser Theorie ein Kampf Mensch gegen Mensch ist. Wie toll diese Theorie tatsächlich funktioniert zeigt uns der Wahnsinn an den Finanzmärkten in denen Computer gegeneinander antreten und der Mensch nur verlieren kann. Wir haben uns in diese EGO-Welt pressen lassen und werden daran zu Grunde gehen, wenn wir nicht endlich aufwachen.
Dass sich die Geknechteten bei Amazon nicht wehren, liegt an einem perfiden System von Einschüchterung, Bespitzelung und Mobbing. Ungelernte Arbeitskräfte mit einem Hang zum Sadismus macht Amazon zu Teamleitern und sorgt so für ein Klima der Angst unter den vielen Mitarbeitern - von denen viele aus Leiharbeitsfirmen und dem EU-Ausland kommen und auf den Hungerlohn angewiesen sind wie auf die Luft zum Atmen. Wer – wie viele dieser Teamleiter – nichts wirklich kann und sein Ego durch die dauernde Erniedrigung vermeintlich tiefer stehender Arbeitssklaven aufpolieren muss, ist zu Vielem fähig.
Da lässt sich ein Rückblick auf das dritte Reich nicht umgehen. Auch damals waren es die sadistischen Dilettanten die zu Hitlers teuflischen Handlangern wurden. Und wie heute schauten die nicht betroffenen Ignoranten tatenlos zu. Die vor Geld stinkenden Opportunisten wie Quandt, der sein Imperium BMW auf Schweiß und Blut osteuropäischer Zwangsarbeiter aufbaute, sind noch heute unter uns und zählen zu den herausragenden Persönlichkeiten unserer Gesellschaft. Durch ein perfides Spiel und die Unterstützung mächtiger Besatzer konnte sich Quandt seiner Strafe bei den Nürnberger Prozessen entziehen. Die vielen „Morde“ an Zwangsarbeitern blieben ungesühnt, die Familie Quandt hat sich weder bei den Opfern entschuldigt noch sie für chronische Krankheiten entschädigt. Eins drauf packt noch Quandt Junior, der regelmäßig an Autorennen in der Wüste teilnimmt und im Interview kein noch so kleines Zeichen der Reue zeigt. Ganz klar, er hat damit nicht das Geringste zu tun – außer seinem Namen.
Sind die Verhältnisse bei Amazon der Beginn einer neuen Versklavung und Radikalisierung in unserem Lande. Erheben wir uns schon wieder über andere Menschen von denen wir glauben sie seien „Untermenschen“. Haben wir denn keine Lehre aus dem dritten Reich gezogen. Warum verhalten wir – denen es NOCH gut geht – uns wieder so als würden uns die Vorgänge da draußen nichts angehen. Was bisher bei Amazon noch überwiegend Ausländer aus ganz Europa betrifft, die mit Bussen in die Fabriken von Amazon gekarrt werden, zu fünft in Appartements hausen müssen und von Leiharbeitsfirmen wie Sklaven behandelt werden, betrifft bald auch immer mehr arbeitslose Deutsche. Überwacht werden die Arbeitssklaven – die in Schichten und am Wochenende im Akkord und unter Videoüberwachung ackern müssen – von rechtsradikalen Schlägern die sich Security nennen. Wie diese so genannte Security mit Menschen umgeht, zeigen die ARD-Interviews mit betroffenen Amazon-Mitarbeitern. Von Durchsuchung der Wohnung bis zu Bedrohung und fristloser Entlassung ist alles im Paket. Selbst das ARD-Fernsehteam wurde von den Amazon-Schlägern bedroht. Habe ich etwas verpasst, leben wir in einer Diktatur oder warum sind solche Dinge ohne Konsequenzen, in einem Land das sich demokratisch nennt, möglich.
Das Schlimmste, Amazon ist nicht der einzige Übeltäter, der seine Mitarbeiter regelrecht versklavt. Ähnlich geht es auch bei Zalando und vielen anderen global agierenden Großunternehmen zu. Die internationale Ausrichtung und die Größe der Unternehmen lässt die Verantwortung für Mitarbeiter gegen Null gehen. Menschen sind keine Menschen mehr sondern Nummern, die an Effizienz und Wirkungsgrad gemessen werden. Wenn wir jetzt nicht einschreiten, können wir nur noch verlieren. Wenn wir abwarten werden wir schon bald gegen Maschinen und Cyborgs antreten müssen – und hier können wir nur verlieren. Lernen wir aus der Geschichte, rufen wir uns die Vorgänge des dritten Reichs ins Gedächtnis und fangen wir an uns zu besinnen was wir sind – Menschen. Arbeiten wir nicht gegeneinander sondern miteinander, nur so werden wir die Richtung ändern können in die sich unsere Gesellschaft aktuell bewegt – nämlich Unfreiheit und Versklavung der Mehrheit zu Gunsten einer privilegierten Minderheit.

Dienstag, 29. Januar 2013

Sexismus oder das fehlgeleitete Gehirn


Seit Tagen kochen sie hoch, unsere Emotionen. Initiiert durch die Beichte einer Stern-Journalistin, die den ehemaligen FDP-Chef Rainer Brüderle des sexuellen Übergriffs beschuldigt, treibt ganz Deutschland gerade wieder einmal eine Sau durch’s Dorf. Vor allem die Print-Medien im Netz stürzen sich wie eine Meute ausgehungerter Wölfe auf diese Sau die ihnen endlich wieder einmal ein bisschen Aufmerksamkeit schenkt und ihren nahen Tod in die Ferne rücken läßt. Ganz nebenbei macht man damit gleich noch einen politischen Gegner mundtot und sorgt so für eine effiziente Manipulation der „leichtgläubigen“ Wählerschaft. Auch wenn der Grund für diese Geschichte wohl ein ganz anderer ist, als Frauen vor den täglichen Sexismen zu schützen, sind wir euch dennoch sehr dankbar, liebe Stern-Redakteure.

Denn sind wir doch einmal ganz ehrlich, sexuelle Übergriffe der schlimmsten Art gibt es doch nicht erst seit Brüderele, sie sind tagtäglicher Bestandteil des Lebens vieler Frauen und Kinder. Werft doch einmal einen Blick zurück auf das Thema Kirche und Odenwald Schule. Auch dies waren sexuelle Übergriffe der perversesten Art auf Kinder und wer redet heute noch darüber. Wo, um alles in der Welt, sind die in der Hirnforschung so gepriesenen Spiegelneurone – wo ist unsere Empathie! Ich frage mich was in den Köpfen der Menschen vorgeht, die auch noch entschuldigen was ihren Kindern im Namen der Kirche angetan wurde. Eines zeigen solche Vorfälle, alles ist so gewollt wie es ist, anderenfalls würden entsprechende gesetzliche Interventionen solche Übergriffe hart bestrafen und sie damit rigoros abstellen.

Gut ist allerdings, dass der „Aufschrei“ gerade wieder einmal ungeheuer laut ist. Die Sau Sexismus ist aber schon immer ein riesiges Problem, viele haben bisher nur geschwiegen – aus Angst, aus Scham, aus Verzweiflung oder einfach weil sie aus verschiedenen Gründen glaubten, die Geschehnisse wären normal. Doch kann man uns – Männern wie Frauen – überhaupt einen Vorwurf machen? Schon kurz nach unserer Geburt werden wir entsprechend konditioniert, das fängt bei den ganz kleinen Dingen an und hört bei Diskriminierung am Arbeitsplatz auf. Dürfen wir den Männern, denen schon von frühester Kindheit an ein bestimmtes Frauenbild suggeriert wird, wirklich eine Schuld geben. Und wie steht es mit uns Frauen, auch wir sind fehlgeleitet, auch wir haben ein Bild von unserem Geschlecht im Kopf mit dem wir jetzt immer häufiger kollidieren. Wir spüren intuitiv zwar, dass es falsch ist, doch die Bilder im Kopf sagen uns etwas anderes. Diese Schizophrenie wird durch falsche Bilder ausgelöst, die wir von frühester Kindheit an in den Medien und sogar in unseren eigenen Familien sehen und erleben. Diese Bilder sind schwer zu löschen und noch schwerer als falsch zu entlarven.

Wir können uns also nicht wirklich einen Vorwurf machen, wenn wir glauben es sei richtig Männern gefallen zu wollen, wenn wir glauben nur die Attraktivsten von uns hätten eine Chance auf Anerkennung. Wir glauben all’ dies sei richtig, weil es uns jahrelang eingetrichtert wurde, weil wir es bereits mit der Muttermilch aufgesogen haben. Und selbst wenn wir bewusst reflektieren und diese fehlgeleiteten Bilder erkennen, eine Änderung unserer Verhaltensweisen – weg von den eingebrannten Mustern – ist ungemein schwer. Schwer auch deshalb, weil Viele um uns herum die Situation als richtig ansehen und den Betroffenen Überreaktion vorwerfen. Wir reagieren über, wenn wir uns gegen frauenfeindliche Sprüche wehren. Ich frage mich wie Männer reagieren würden, wenn Frauen plötzlich ähnliche Sprüche losließen. Stellt euch einmal vor, liebe Männern, eine Gruppe von Frauen würde ganz offen über die Größe eures Schwanzes spekulieren und sich dabei in eurer Anwesenheit krumm lachen – das Lachen würde euch wohl im Gesicht gefrieren. Nur weil uns die Gesellschaft entsprechend konditioniert hat, sind diese Muster in unseren Köpfen noch lange nicht richtig und schon gleich gar nicht von der Natur gewollt. Diese Muster sind von Grund auf falsch, aber sie werden sich niemals ändern, wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen, als falsch erkennen und ausradieren. Dass Männer dies tun werden, liebe Frauen, ist sehr unwahrscheinlich – schließlich haben sie keine Nachteile von diesen Mustern und viele sind sogar Profiteure unserer fehlgeleiteten Gehirne.

Als Mann macht das Leben Spaß, es ist alles möglich und alles erreichbar wofür Frauen sich strecken, krumm machen, verleugnen müssen. Also, hört endlich auf zu glauben, die Welt sei nun einmal so, Männer seien nun einmal so und daran könne man überhaupt nichts ändern. Glaubt auch nicht diesen Unikaten, die es über die unterschiedlichsten Wege in die Domänen der Männer geschafft haben – nur nicht über ihre Qualifikation. Dabei bräuchten diese Ignorantinnen nur einmal die Augen auf zu machen und eine der vielen validen Studien zum Thema Frauen und Qualifikation zu lesen. Qualifikation ist nicht der Schlüssel zum Erfolg – fragen sie die Hirnforschung – und aus diesem Grunde brauchen wir nichts dringender als eine Frauenquote für gut ausgebildete Frauen, ganz egal wie sie aussehen. 

Dass es davon nicht genügend gibt ist ein Ammenmärchen und ein noch größeres Märchen ist, dass Leistung sich schon seinen Weg bahnt. Doch auch Leistung ist relativ, während bei Männern schon eine mittelmäßig Leistung belohnt wird, müssen Frauen spitz formuliert schon fast zu den Nobelpreisträgerinnen zählen um ins mittlere Management aufzusteigen. Zum Leidwesen vieler Personaler fehlt vielen qualifizierten Frauen etwas zwischen den Beinen und dieser Mangel kann das Klima eines Teams enorm vergiften. Solange Männer mit falschen Frauenbildern in ihren Köpfen entscheiden und die wenigen dankbaren Ignorantinnen sie dabei auch noch unterstützen wird sich daran nichts ändern, liebe Frauen. Ministerinnen, die eine Herdprämie einführen um Frauen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten sind nur die Spitze des Eisbergs.  

Was sollen diese Forschungen, die versuchen WEIBLICHE Attraktivität in Zahlen auszudrücken, um Frauen daran zu messen ob sie auch dem männlichen Standard entsprechen. Müssen wir uns in einem Vorstellungsgespräch bald die Proportionen unseres Gesichts vermessen lassen anstatt ein Diplom vorzuweisen. Hat man(n) uns wirklich ins Gehirn geschießen oder warum lassen wir uns für solche Studien benutzen, in denen Männer bewerten ob unsere Gesichter attraktiv sind oder doch eher abstoßend. Warum finde ich solche Studien fast ausschließlich für Frauengesichter und warum sind die Forscherteams überwiegend männlich. Geht euch ein Licht auf!

Richtig ist, freiwillig werden die Mächtigen, und das sind nun einmal überwiegen Männer, an der aktuellen Situation nichts ändern. Warum auch, schließlich ist nichts so erregend wie Macht und das Wissen, sich alles erlauben zu können ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Wir leben in einer von Männern dominierten Gesellschaft, liebe Frauen, und das wird auch so bleiben wenn wir uns weiterhin damit abfinden, dankbar ihre Almosen aufpicken und zum Chirurgen laufen wenn wir nicht ihren Zahlenexperimenten entsprechen. Nur ein Szenario kann diese Situation schnell ändern – eine Revolution gegen das herrschende Geschlechterbild. Glaubt man den Geschichten im Internet ist gefühlt jede Frau in unserem Lande mehr oder weniger von solchen Übergriffen durch das männliche Geschlecht betroffen.

Eines ist angesichts der Fülle an Beschwerden, Beichten und Offenbarungen klar, Sexismus, also sexuelle Übergriffe gegen uns Frauen und unsere Kinder, ist ein Thema, dem wir unsere Aufmerksamkeit schenken müssen. Komisch nur, dass Frauen nicht schon viel früher darauf gekommen sind, schließlich ist Gewalt gegen sie so alt wie die Menschheit selbst. Oder sollten wir Frauen eigentlich nicht froh sein – was sage ich – sollten wir nicht dankbar sein. Schließlich erlaubt uns die herrschende Klasse der Männer uns zu kleiden wie wir es möchten, auch ein Auto dürfen wir fahren obwohl wir zwei linke Hände haben und, man höre und staune, es wird uns sogar erlaubt zu wählen. Wenn das kein Fortschritt ist! Ein Blick in muslimische Länder zeigt, es geht auch anders, liebe Frauen. Warum also beschwert ihr euch über ein paar flotte Sprüche wie „Frauen sind zum Ficken da“ oder „Scheiße, wieder nichts zum Ficken dabei“, übrigens Originalzitate von Frauen auf der eigens dafür eingerichteten Webseite www.alltagssexismus.de. Werfen Sie einen Blick auf die Kommentare und ihnen wird schwindelig.

Ja, warum beschwert ihr euch denn, schließlich sind solche Sprüche doch nur Ausdruck der Männer, dass ihr begehrenswert seid. Und begehrt werden ist doch schließlich unser aller oberstes Ziel – oder? Zumindest redet man uns das von Kindesbeinen an immer wieder ein. Und Männer? Sind an ihren Äußerungen nicht vollkommen unschuldig, die Hirnforschung hat schließlich gezeigt, wir sind für unsere Taten eigentlich gar nicht verantwortlich. Außerdem sind Männer eben Sklaven ihres evolutionären Erbes. Die Evolution ist schuld, denn sie hat Männer zu harten Kerlen gemacht, die alles bekommen wenn sie nur laut genug schreien, Grimassen schneiden oder die Keule schwingen. Der Stärkere überlebt, das sagt uns schon die Evolution – oder etwa nicht? Das perfideste daran, die meisten dieser Männer sind sich ihrer Übergriffe gar nicht bewusst, das ist automatisiert weil gesellschaftlich voll akzeptiert. Auch wenn es Niemand laut sagt, Männer sind einfach die besseren Menschen, sie wissen dies ganz intuitiv und manchmal, aber nur manchmal lassen sie uns dies auch ein klein wenig spüren. Die Vorherrschaft der Männer ist ein ungeschriebenes Gesetz und gäbe es keine Gesetze, die das schwache Geschlecht vor härteren Straftaten schützen würden, dann würden viele Männer noch sehr viel mehr machen als nur ein paar „dumme“ Sprüche. Also, hört endlich auf euch zu beschweren, liebe Frauen, alles ist so wie es sein soll und von der Evolution gar nicht anders gewollt.

Hallo! Wo leben wir denn, leben wir noch auf Bäumen? Wenn ich mir das Verhalten vieler Männer so ansehe und vor allem anhöre, dann erwarte ich eigentlich, dass sie gleich zum Sprung auf den nächsten Baum ansetzen. Wir alle haben Triebe, das gehört zu unserer Grundausstattung und diese ist wo lokalisiert? Wer hat den Intellekt es zu erraten – genau, in unserem Reptiliengehirn, dem ältesten aller Hirnteile. Was sagt uns das – Jemand eine Idee? Exakt, das Reptiliengehirn ist primitiv und dient nur dem Überleben und der Fortpflanzung. Doch wir leben nicht mehr in der Steinzeit, Leute, heute überleben wir nicht indem wir dem Anderen eine Keule um die Ohren hauen und unsere Gene durch Zwang verbreiten. Heute ist Zivilisation und wir haben so etwas wie ein Großhirn – zumindest wir Frauen haben so ein Ding. Das Großhirn ist der Zensor der sich bei allen unseren Entscheidungen einschaltet und den manche Männer vielleicht einmal konsultieren sollten, bevor sie uns ihre gequirlte Scheiße vor die Füße kotzen.

Kann man von Lebewesen, die sich rühmen die Krönung der Schöpfung zu sein, nicht erwarten auch im zwischenmenschlichen Bereich ab und zu einmal ihr Großhirn einzuschalten? Ich weiß, nichts ist anstrengender als das Denken, aber manchmal macht es Sinn, die festen Muster im Kopf zu durchbrechen und ein klein wenig Zucker für das objektive Denken bereit zu stellen auch wenn dieser dann für die Keule fehlt. Manchmal ist es sinnvoll, seine Begierden für sich zu behalten und nicht andere Menschen für seine Zwecke zu missbrauchen – nur weil man glaubt es zu können! Doch dazu bedarf es mehr als eines Aufschreis, der so schnell wieder verschwunden sein wird wie er gekommen ist. Dazu bedarf es gesetzlicher Änderungen in Ausbildungsplänen von Erzieherinnen und Lehrplänen, andere Darstellungen in Kinderbüchern, die Abschaffung geschlechterspezifischer Spielsachen und zu guter Letzt – einem Umdenken in all unseren Köpfen, das schon im Kinderzimmer beginnt.

Wer sagt, das Mädchen rosa und Jungen blau sein müssen. Wem ist eingefallen, dass Mädchen mit Puppen und Jungs mit Autos spielen müssen. Wer kommt auf diese perfide Idee, Mädchen wären handwerklich nicht talentiert und sollten eher Kindererzieherin werden. Warum ist eine Familie ohne „Stammhalter“ nicht komplett. Liebe Leute, das war vielleicht einmal in der Steinzeit überlebenswichtig, aber heute ist es vollkommen irrelevant. Hinterfragen dieser alten Muster ist also der Schlüssel zum Umdenken. Dies alles sind gesellschaftspolitische Probleme, kein Gehirn – ob männlich oder weiblich – ist mit Vorgaben und Einschränkungen dieser Art behaftet. Doch für einen Teil der Gesellschaft – der leider überwiegend männlich und von Macht zerfressen ist – ist es einfach komfortabler, nützlicher und sehr viel einfacher. Unterdrückung und Abgrenzung – mit welchen Mitteln auch immer – war und ist leider noch immer ein wichtiger Teil in unserem Gehirn. Akzeptanz der Andersartigkeit und Toleranz gegenüber Andersartigkeit sind der Schlüssel zum Erfolg. Dies gilt übrigens auch interkulturell.

Wenn nicht freiwillig, dann eben mit Gewalt. Ein Blick in die Geschichte zeigt, positive Veränderungen benötigen eine Revolution, ohne eine solche passiert nichts, nur leere Versprechungen die zu nichts führen. Ohne uns Frauen gäbe es die Menschheit nicht und genau hier liegt unsere Macht verborgen. Wir Frauen können alles ändern, vorausgesetzt wir wollen es auch. Immer mehr Frauen entscheiden sich für Kinder ohne Männer und auch das Geschlecht können wir heute selbst bestimmen – wir müssen unsere Möglichkeiten nur nutzen. Frauen können von Männern aber auch einiges lernen, nämlich Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung, diese Fähigkeit wurde uns im Konkurrenzkampf um den Mann immer mehr aberzogen. Gegenseitige Unterstützung ist enorm wichtig, wenn wir erkennen, dass im Leben andere Dinge sehr viel wichtiger sind als dass ein Mann unsere Beine bewundert und unser Lachen süß findet, sind wir auf dem richtigen Weg. 


Machen wir uns endlich unabhängig von den Meinungsmachern in der Werbung oder wo auch immer, dann werden wir erkennen wie erfüllend das Leben sein kann. Werfen wir den Ballast dieses erdrückenden Schönheitswahns einfach ab und geben die wahren Werte an unsere Töchter weiter, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Sollen sich Männer ihre Puppen doch drucken, dann sind sie glücklich und wir sind es auch. Lieben wir uns selbst, dann sind wir nicht ständig auf der Suche nach der Liebe Anderer. Aber auch mit einer gehörigen Portion Frechheit können wir in den Kampf ziehen. Wie das geht, ganz einfach, lassen sie sich bei Übergriffen einfach kurzzeitig auf das Niveau ihres Gegenübers fallen. Kontra und zwar mit den gleichen perversen Kraftausdrücken wirkt tatsächlich Wunder. Scheißen sie darauf was andere von ihnen denken, die Übergriffigen tun das auch, nehmen sie die verbale Keule und schlagen sie zu – so hart dass kein Gras mehr wächst. Sie werden sich wundern wie wirkungsvoll und befreiend dies ist, ein echtes Hochgefühl. Es ist Zeit für einen Machtwechsel – packen wir es an, wir können nur gewinnen.