Freitag, 1. März 2013

Nachruf auf Stéphane Hessel – ein großer Humanist ist tot!


Empört Euch! So der Titel seines nur 27-seitigen Buches das alles über die aktuelle weltweite Situation aussagt, die dabei ist unseren Frieden und unsere Demokratie zu zerstören.

Stephane Hessel - Schriftsteller und Widerstandskämpfer

Auszug aus dem Buch Empört Euch! Von Stéphane Hessel

Widerstand kommt aus Empörung: Man wagt uns zu sagen, der Staat könne die Kosten dieser sozialen Errungenschaften nicht mehr tragen. Aber wie kann heute das Geld dafür fehlen, da doch der Wohlstand so viel größer ist als zur Zeit der Befreiung, als Europa in Trümmern lag? Doch nur deshalb, weil die Macht des Geldes – die so sehr von der Résistance bekämpft wurde – niemals so groß, so anmaßend, so egoistisch war wie heute, mit Lobbyisten bis in die höchsten Ränge des Staates.

In vielen Schaltstellen der wieder privatisierten Geldinstitute sitzen Bonibanker und Gewinnmaximierer, die sich keinen Deut ums Gemeinwohl scheren. Noch nie war der Abstand zwischen den Ärmsten und den Reichsten so groß. Noch nie war der Tanz um das goldene Kalb – Geld, Konkurrenz – so entfesselt. Das Grundmotiv der Résistance war die Empörung.

Wir, die Veteranen der Widerstandsbewegung und der Kampfgruppen des Freien Frankreich, rufen die Jungen auf, das geistige und moralische Erbe der Résistance, ihre Ideale mit neuem Leben zu erfüllen und weiterzugeben. Mischt Euch ein, empört Euch! Die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, die Intellektuellen, die ganze Gesellschaft dürfen sich nicht kleinmachen und kleinkriegen lassen von der internationalen Diktatur der Finanzmärkte, die es so weit gebracht hat, Frieden und Demokratie zu gefährden.

Ich wünsche allen, jedem Einzelnen von euch einen Grund zur Empörung. Das ist kostbar. Wenn man sich über etwas empört, wird man aktiv, stark und engagiert. Man verbindet sich mit dem Strom der Geschichte, und der Strom der Geschichte nimmt seinen Lauf dank dem Engagement der Vielen – zu mehr Gerechtigkeit und Freiheit, wenn auch nur zur schrankenlosen Freiheit des Fuchses im Hühnerstall. Die in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 niedergelegten Rechte sind universell. Wann immer sie Jemandem vorenthalten werden, und ihr merkt es: Nehmt Anteil, helft ihm, in den Schutz dieser Rechte zu gelangen.

Welche großen Worte aus dem Munde eines 96-Jährigen. Nehmen wir uns ein Beispiel an seiner Kraft und seiner Ausdauer, seinem nie endenden Aufruf zum Widerstand und zur Gegenwehr in einem Kampf der doch fast aussichtslos erscheinen mag.

Stéphan Hessel verstarb vorgestern 96-jährig in Paris. In Berlin geboren, flüchtete er während der Nazidiktatur mit seiner Familie nach Paris, wo er bis zu seinem Tod lebte und nie müde wurde gegen Ungerechtigkeit und Verstoß gegen die Menschenrechte zu kämpfen. Stéphane Hessel war alt, doch in seinen Gedanken war er ein junger Revoluzzer geblieben. Er hatte das, was vielen jungen Menschen heute leider fehlt – Kampfgeist! Nur Empörung führt zu Wut und Zorn und nur ausreichend Wut und Zorn führt zum Widerstand. 

Widerstand gegen die herrschende Klasse der immer reicher werdenden dekadenten Gesellschaftsschicht, die skrupellos nimmt, nimmt und nimmt, während die Gebenden immer ärmer, kränker und schwächer werden. Lassen wir es nicht so weit kommen, dass unser Kampfgeist und unser Wille zum Widerstand zunehmend schwächer werden. Erinnern wir uns wohin uns Gleichgültigkeit gebracht hat und werfen wir einen Blick in die Staaten in denen das Volk zu lange von Diktatoren ausgeblutet wurde. Das Endziel ist klar - es heißt Aufruhr, Kampf und Tod. Lassen wir es nicht so weit kommen, empören wir uns solange es noch möglich ist. 

Dass uns zunehmender Verlust an Wohlstand in Ängste und in ein Gefühl der Machtlosigkeit, des Verdrusses und der Frustration treibt ist der erste Schritt zu vollständiger Wehrlosigkeit. Folgen wir also dem Vorbild des großen Humanisten Hessel und empören wir uns, bevor wir es nicht mehr können. Empörung macht stark. Empörung macht aktiv. Empörung schafft Veränderung. Empörung rettet die Demokratie vor der Diktatur einer kleinen herrschenden Elite, die immer stärker wird. Erkennen wir, dass wir nur noch einen kleinen Schritt von Diktatur und Leibeigentum entfernt sind und stehen wir dagegen ein. Es lohnt sich, für uns alle!

Wie lächerlich wirkt dagegen der jüngste Vorstoß der EU, die Boni der Banker auf die Höhe des Fixghaltes zu begrenzen. Anstelle, analog der Schweizer 1:12 Initiative, das Gehalt der Banker auf das 12-fache des niedrigsten Einkommens in einer Bank zu begrenzen, läßt die EU nun wieder ein Schlupfloch offen. Denn nichts ist einfacher als das Jahresfixgehalt zu verdoppeln oder zu verdreifachen und dadurch auch die Bonushöhe in exorbitante Höhen zu ziehen. Lasst euch durch diese lächerlichen Maßnahmen, die nur Augenwischerei sind, nicht in die Irre führen. Auch die EU ist Teil dieses perfiden Spiels, zu groß ist die Zahl der Lobbyisten in Brüssel.

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