Montag, 4. März 2013

Wir brauchen eine Lohnobergrenze und keinen Mindestlohn


Populisten sämtlicher Parteien und natürlich auch die Meute der Medien springen gerade wieder auf einen in Fahrt kommenden Zug auf – den eines fairen Mindestlohns in Deutschland. Es ist Wahlzeit – was sonst! Anderenfalls würde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keiner dieser Populisten einem der dringendsten Probleme in diesem Lande widmen. Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland im Niedriglohnsektor dahinvegetieren, ja vegetieren, denn leben kann man mit einem monatlichen Einkommen zwischen 500 und 1000 Euro bei rund 70 Wochenstunden Arbeit in einem Hochpreisland wie unserem wahrlich nicht. Und wie immer haben auch die Medien, die entweder im Besitz von Großkonzernen oder der Politik und deshalb von objektiver Berichterstattung meilenweit entfernt sind, ein Wörtchen mitzureden. Die Talkshows – angefangen bei der gekünstelten Maybritt Illner bis hin zum Oberkonservativen Günther Jauch – wimmeln deshalb gerade von selbst ernannten Experten und Mahnern, die einen Lohn, für den sie selbst wohl keinen Tag arbeiten würden, als Arbeitsmarktschädigung bezeichnen. Nur einem einzigen Zweck dienen solche Verdummungsstrategien – einen gesetzlichen Mindestlohn final zu verhindern. Von Industrieexperten über Arbeitsmarktexperten bis hin zu Niedriglohnempfängern wird alles eingeladen was Wut, Zorn, Gier und Mitleid schürt und die Klassen von etwas Wichtigem abhält. Etwas, das alle Probleme in diesem Lande sehr viel schneller lösen könnte als jede Debatte – Solidarität und Fairness im Umgang miteinander.

Die CDU/CSU, allen voran die Mutter der Nation und Populistin schlechthin – Arbeitsministerin Ursula von der Leyen – schämt sich tatsächlich nicht, die Bürger dieses Landes wieder einmal zu verhöhnen. Erst war es ihr Lieblings-Schlagwort die „Rente“ – die nicht ausreichen wird. Was hat sie noch dagegen getan – ach ja, NIENTE! Dem Rentenproblem folgte die inhaltslose Phrase „Stärkung der Familien“ und nun ist es endlich wieder einmal der Hungerlohn, der immer mehr Deutsche betrifft. Schlagwörter hat Frau von der Leyen zur Genüge parat und mit ihrer mitleiderregenden Stimme schafft sie es doch tatsächlich immer wieder mit ihrer geheuchelten Betroffenheit zu punkten. Dabei weiß doch jeder einigermaßen klar denkende Mensch, der zweite Name der Schwarz-Gelben-Regierung lautet „Industrievertreter“, mit der Vertretung des Volkes hat diese Regierung nicht das Geringste am Hut.

Würden diese verlogenen Opportunisten tatsächlich das deutsche Volk vertreten, dann würde es in diesem Lande völlig anders aussehen. Dann gäbe es keine Zustände und Arbeitsbedingungen wie bei Amazon, Zalando und Lidl. Lebensmittelskandale – vom Dioxin-Skandal über Gammelfleisch bis zu Pferdefleisch und Pilzgiften – wären dann ebenso obsolet. Die vielen Lebensmittelchemiker, die vom Gesetzgeber alle absichtlich nicht eingestellt oder sogar noch entlassen werden, würden das tun wofür sie ausgebildet wurden – nämlich für die Einhaltung von gesetzlich festgelegten Grenzwerten und den Schutz des Verbrauchers sorgen, anstatt als Account Manager für den Absatz von Waren die Niemand wirklich braucht. Warum fehlen in der Lebensmittelüberwachung so viele Mitarbeiter – nicht weil sie nicht vorhanden wären sondern weil dieser künstliche Mangel Kalkül ist. Würden Lebensmittelindustrie und EU-Importe flächendeckend geprüft, wäre dies eine Maßnahme gegen die Gewinnmaximierung deutscher Konzerne. Weshalb? Ganz einfach, weil Lebensmittel für Niedriglöhner billig gehalten werden müssen. Ein bekannter Mann sagte einmal: „Erst kommt das Fressen und dann die Moral“. Wird ihnen einiges klar? Nur wer nicht hungert gebiert nicht auf. Billige Lebensmittel können aber nicht gesund sein, das ist ein Widerspruch in sich. Gute Qualität zu produzieren kostet Geld, viel Geld, Geld das Niedriglöhner nicht haben. Schnäppchen-Lebensmittel sind nicht nur ungesund oder irreführend sondern eben auch mehr oder weniger schädlich, denn die Gewinne müssen ja maximal sein. Oder glauben sie wirklich, es gäbe so billige Lebensmittel in Deutschland wenn deren Inhaltsstoffe von hoher Qualität wären.

Die Mär vom Fachkräftemangel trifft auch auf die vielen Lebensmittelchemiker zu – sie fehlen nicht sondern sind einfach zu teuer für einen Schnäppchen-Lebensmittelmarkt. Werfen Sie einmal einen Blick in die Arbeitslosenstatistik, sie werden staunen wie viele hochqualifizierte Deutsche nur deswegen keine Arbeit finden weil sie zu alt und damit zu teuer, zu intelligent und zu selbstbewusst sind. Mit solchen Eigenschaften lässt sich im Billiglohnsektor nichts anfangen, dort sind vielmehr eingeschüchterte Arbeitnehmer gefragt, die ohne großes Aufmucken ihrer Arbeit nachgehen und bitte nicht auf Rechte und Schutzvorschriften pochen. Solche Menschen sind mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt und haben keine Zeit sich um die wichtigen Dinge zu kümmern. Deshalb hat unsere Regierung auch auf Wunsch ihrer Vorgesetzten - einer deutschen Ausbeuterindustrie die in Europa ihresgleichen sucht – das Märchen vom Fachkräftemangel in die Welt setzen können ohne dass es einen Aufschrei gab. So können, ganz legal versteht sich, Arbeitskräfte – auch Akademiker – aus ganz Europa, und immer häufiger auch aus Indien und China nach Deutschland geholt werden, mit dem Ziel unsere Löhne immer weiter zu drücken. Was aktuell primär für weniger qualifizierte Arbeitnehmer gilt – das Arbeiten für einen Hungerlohn – wird zunehmend auch immer mehr Hochqualifizierte treffen.

Warum steht Deutschland (unsere Industrie!) so viel besser da als der Rest Europas? Weil unsere Arbeitnehmer einen hohen Preis für diesen Aufschwung bezahlen müssen. Dass Deutschland sich als Exportweltmeister brüsten kann liegt nicht daran, dass wir so tolle Produkte herstellen – das ist lange vorbei – es liegt eher daran, dass wir, im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, England, Spanien oder Italien, einen immer größeren Teil unserer Menschen regelrecht ausbeuten. Die Menschen dieses Landes bezahlen für den Wohlstand der wenigen Reichen, der immer schneller wächst und wächst. Was die Europäer wahrnehmen ist der Reichtum einer kleinen Schicht – der Großkonzerne und ihrer Bosse – die wie ein Parasit auf Kosten vieler Armer lebt. Dieser Parasit saugt und saugt und wird erst aufhören wenn sein Wirt am Ende ist. Deutschland ist schon heute so etwas wie das China des Westens, nirgends ist Arbeit so billig wie bei uns, verglichen mit Ländern ähnlicher Leistungsfähigkeit. Und wer nicht ausreichend Geld hat, der kann selbstverständlich auch keine gesunden Lebensmittel bezahlen. Ergo, muss es einen Schnäppchenmarkt für Lebensmittel geben. Und dass so ein Schnäppchenmarkt uns buchstäblich nur „Scheiße“ als Nahrung verkauft, das muss jedem vernünftigen Menschen klar sein.

Das ganze ist eine Art Teufelskreis, der sich nur durch eine grundlegende Änderung des Gesamtsystems durchbrechen lässt. Der Turbokapitalismus ist in der Sackgasse, er hat keine Zukunft mehr, selbst die Schweiz hat dies erkannt. Rund 70 Prozent haben dem Volksentscheid zur Abschaffung von Manager-Boni und Millionen-Abfindungen gestern zugestimmt. Wir stehen gerade, wo der Sozialismus kurz vor seinem Zusammenbruch stand, es ist also nur noch eine Frage der Zeit wann hier alles den Bach runter geht. Lassen wir uns nicht täuschen, hinter unserem Rücken werden schon Devisen getauscht, Gold angehäuft und alles was Wert hat aus dem Euro abgezogen. Die Reichen sind dabei ihr Hab und Gut vor einem drohenden Zusammenbruch in Sicherheit zu bringen, doch uns lässt man glauben, Alles sei in bester Ordnung. Während die EU versucht, das System mit billigem Geld von der europäischen Zentralbank zu stabilisieren, planen EU-Staaten bereits ihren Ausstieg. Hier schimpfen Politiker über Silvio Berlusconi und nennen ihn einen Clown. Man mag von ihm denken was man will, er hat nicht ganz Unrecht mit seinen Einwänden gegen die EU, die uns alle noch ärmer machen will und wird.

Eines ist klar, die Debatte um den Mindestlohn ist nicht viel mehr als Wahlpropaganda und wird nicht viel mehr bringen als ein paar Euro mehr in den Taschen der Ärmsten. Ingesamt aber wird die Masse der Deutschen immer ärmer werden. England, Frankreich und sogar Italien haben schon seit Langem einen Mindestlohn. Und sie weigern sich auch ihre Industrie auf Kosten ihrer Arbeitnehmer wettbewerbsfähig zu machen, was kein Fehler sondern richtig ist. Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten einer ganzen Bevölkerung, das kann es nicht sein. Italien sieht nicht ein, seinen Arbeitnehmern Rechte des Kündigungsschutzes zu nehmen und deren Gehälter zu kürzen, alles was die Agenda 2010 zu unseren Lasten und den Gunsten der Industrie getan hat und was wir jetzt auch von Italien fordern. Weltweite Konkurrenzfähigkeit führt in die Sackgasse und zum Niedergang eines jeden Volkes. Sie bedeutet im Klartext nichts anderes als eine weltweite Nivellierung der Lebensbedingungen. Wollen wir wirklich so leben wie die chinesischen Arbeiter, nur damit unsere Großindustrie weiterhin Exportweltmeister sein kann.

Wenn alle Deutschen eine leistungsgerechte Bezahlung erhielten – und das müssten beim Preisniveau einer Stadt wie München mindestens 2000 Euro Netto sein – dann hätten wir einen funktionierenden Binnenmarkt und müssten nicht Exportweltmeister werden. Die Gier regiert in den Großkonzernen, sie wollen alle Reichen weltweit erreichen und die Arbeitnehmer sollen für diese Expansion bezahlen. Das muss endlich ein Ende haben. Deshalb brauchen wir auch keinen Mindestlohn, vielmehr müssen wir uns für eine Lohnobergrenze stark machen. Nur eine Lohnobergrenze kann uns langfristig echten Wohlstand bringen und zwar allen und nicht nur 10% der Bevölkerung. Ein Volksentscheid nach dem Vorbild der Schweiz ist deshalb das einzig Wahre. Wenn Bosse ab sofort nur maximal zehnmal so viel verdienen dürften wie der am schlechtesten bezahlte Mitarbeiter im Unternehmen, würde sich das Problem der Niedriglöhne ganz von selbst lösen. Die Gier der Manager würde zu massiven Lohnsteigerungen in den unteren Etagen führen. Die guten Gehälter würden zu einer gesteigerten Nachfrage an hochwertigen Lebensmitteln und Produkten beitragen, den Binnenmarkt stärken und Schnäppchen-Lebensmitteln ganz von selbst das Wasser abgraben. Wenn all’ diese Lobbyisten einmal echte Weitsicht walten ließen und weniger auf die Höhe ihrer Honorare schielen würden, dann hätte Deutschland blühende Landschaften und glückliche Menschen – eine Illusion, ich weiß!

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