Thomas Minder bringt es auf den Punkt, in einem Interview in
der aktuellen Wirtschaftswoche fordert der Rebell aus der Schweiz: „Wir müssen
der Abzockerei der Top-Manager endlich einen Riegel vorschieben!“ Doch der Schweizer Unternehmer, der sein
Geld mit Zahnpasta und Mundwasser verdient und sich bei den Grünen engagiert,
schwingt nicht nur große Reden. Minder ist Initiator einer Volksabstimmung, die
den so freiheitsliebenden Schweizern wie der Vorhof zur Sozialismus-Hölle
vorkommen muss. Dass die Situation prekär ist und von Arbeitnehmern auf der
ganzen Welt nicht mehr einfach so hingenommen wird, zeigt der Zuspruch der bevorstehenden Volksbefragung. Nach aktuellen Schätzungen sind 60% der
Schweizer Bürger dafür, Managerabfindungen ab sofort gesetzlich zu verbieten. Sollte
sich diese Schätzung am 3. März 2013 als korrekt erweisen könnte dies eine Weichenstellung
für ganz Europa bedeuten und der geplanten EU-Regulierung sehr entgegenkommen. Im Rahmen
der Bankenregulierung möchte die EU nämlich auch die Höhe der Bonuszahlungen an
Manager begrenzen und ein positiver Ausgang der Schweizer Volksbefragung könnte
diesem Vorhaben weiter Vorschub leisten.
Thomas Minder (rechts) propagiert seine Volksabstimmung |
Aber Minder ist nicht der Einzige, der der Selbstbedienungsmentalität
in den Chefetagen endlich Daumenschrauben anlegen will. Auch die
Jungsozialisten in der sonst so konservativen Schweiz sehen ein Umdenken in der
Gesellschaft längst als überfällig. Mit ihrer „1:12-Initiative“, über die
die Schweizer Bevölkerung im Herbst dieses Jahres abstimmen wird, haben es die
Jungsozialisten auf Lohnobergrenzen im Management abgesehen. Geht es nach den
Initiatoren, sollen Manager demnächst maximal das Zwölffache des geringsten
Lohns in einem Unternehmen verdienen. Ein Blick auf die aktuellen Gehälter der
Bosse zeigt, es ist allerhöchste Eisenbahn der Selbstbedienung in den
Chefetagen einen Riegel vorzuschieben. Denn es kann nicht angehen, dass einige Manager
das Geld der Investoren schamlos vernichten und dafür noch mit einem goldenen Handschlag belohnt werden.
Firma
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Chef
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Jahregehalt in Euro (gerundet)
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VW
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Martin Winterkorn
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16 Millionen
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Daimler
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Dieter Zetsche
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8,5 Millionen
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Siemens
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Peter Löscher
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8,5 Millionen
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Linde
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Wolfgang Reitzle
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6,7 Millionen
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RWE
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Jürgen Großmann
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6,4 Millionen
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Deutsche Bank
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Josef Ackermann
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6,2 Millionen
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BMW
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Norbert Reithofer
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6,1 Millionen
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SAP
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Bill McDermott
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6,1 Millionen
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Adidas
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Herbert Hainer
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5,9 Millionen
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Der BMW-Chef zahlt sich ein
grandioses Gehalt, BMW macht satte Umsätze auf der ganzen Welt und dennoch
beschäftigen die Inhaber, die Familie Quandt, mehr als 15 Prozent Leiharbeiter. Aber was soll man von einer
Familie erwarten, die während des 3. Reichs Zwangsarbeiter ausgebeutet und
sterben hat lassen und sich noch immer weigert, diese Problematik öffentlich zu
diskutieren. Der am besten bezahlte Manager, VW-Chef Martin Winterkorn,
sollte für seine Dienste im Jahr 2012 mit einem stolzen Salär von 20 Millionen
Euro belohnt werden. Ganz ehrlich, welche Arbeit und möge sie noch so komplex
sein, ist solch' eine Entlohnung wert? Werfen wir doch einmal einen
realistischen Blick auf diese immense Zahl, für die es keine wie auch immer
geartete Rechtfertigung geben kann. 20.000.000 Euro pro Jahr, das sind
gigantische 83 Tausend Euro pro Tag. Und wofür, für die Maximierung der eigenen
Bezüge auf Kosten der unteren Einkommen. Dafür, dass Arbeitsplätze vernichtet,
reguläre Arbeitsplätze durch minderwertige Leiharbeitsplätze ersetzt werden und
all’ das nur um in einer globalen Welt voller "Niedriglöhner" konkurrenzfähig zu bleiben. Diese "Niedriglöhner" oder Leibeigenen sind der Grund dafür,
dass Wohlstand in Ländern wie Deutschland nach und nach vernichtet wird, dass
die Schere zwischen Arm und reich sich immer weiter spreizt und immer mehr
Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Wir können nicht gegen China,
Bangladesch und Taiwan konkurrieren, denn ein Leben im Hochpreisland
Deutschland ist kostspielig. Alleine das Überleben erfordert eine Lohnstruktur
die weit über dem liegt was Leiharbeiter heute verdienen. Schaffen wir es
nicht, diesen Teufelskreis umzukehren ist unsere Demokratie in großer Gefahr.
Ein paar Fakten führen uns den Wahnsinn vor Augen und wenn
das alles nicht so verdammt traurig wäre, dann könnte man fast darüber lachen.
So schüttet die Deutsche Bank pro Jahr mehr Boni als Dividende aus. Und
während die Löhne in Deutschland den letzten Jahren kontinuierlich gesunken sind, in den
Chefetagen der internationalen Konzerne sind sie in gigantische Höhen geklettert.
Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung Kienbaum bezahlten sich die
Bosse im Jahr 2010 elf Prozent mehr an Gehalt und 2011 stiegen ihre Bezüge immer noch um 6,8
Prozent. Gewerkschaften müssen dagegen um jeden einzelnen Prozentpunkt feilschen und kämpfen – eine Farce! Während sich der ordinäre
Leiharbeiter mit rund 12.000 Euro Netto im Jahr zufriedengeben muss, nehmen
sich die Bosse durchschnittlich 1,4 Millionen Euro Fixgehalt. Dazu kommen Boni,
Dienstwagen, Villa, Personal und Leibwächter.
So erhält der ehemalige TUI-Chef,
der als Wertevernichter par excellence galt, ein jährliches Ruhestandsgeld von
satten 800.000 Euro. Die aktuellen Rückstellungen für Daimler-Chef Zetsche
liegen bei rund 30 Millionen Euro – mit so einem Polster lässt sich der
Ruhestand ohne Frage richtig geniessen! Auch die 20 Millionen von Winterkorn haben
keine Berechtigung, denn der zugrunde liegende Unternehmensgewinn beruht zur Hälfte auf
Einmaleinnahmen, sind also vielmehr Bilanzschönungen, die das Gehalt des Bosses in fast unerhörte Höhen getrieben haben. Die Zeche zahlen die einfachen Arbeiter, jeden
Euro den man ihnen abringt schlägt man oben auf die Gehälter auf.
Ein ganz
besonders unverschämtes Beispiel einer solchen unverschämten Bereicherung ist der ehemalige
Novartis-CEO Daniel Vasella, der ein Netzwerk von Korruption um sich aufgebaut
hatte das jeglicher Beschreibung spottet. Lassen sie sich vom freundlichen Grinsen dieses Ausbeuters nichts in die Irre führen, während seiner „Regentschaft“ in den Jahre 1996 bis 2010 spülte ihm sein perfides Vergütungssystem rund 300 Millionen Euro in die Haushaltskasse. Der
Aufsichtsrat wurde finanziell gefügig gemacht und Vasella selbst war dessen
Vorsitzender, als Vergleichsgruppe seiner Gehaltsstruktur zog Vasella
ausnahmslos hochdotierte US-Vorstände heran und katapultierte seine Bezüge so in unerreichbare Dimensionen. Natürlich läßt sich die ehemalige
Nummer eins bei Novartis auch seinen Abgang vergolden. Für ein Arbeitsverbot
von sechs Jahren forderte Vasella einen Betrag von 59 Millionen Euro. Gigantische 59 Millionen für das Nichtstun! Auch wenn
er im Zuge der Aufregung um die Volksabstimmung in der Schweiz nun einen Rückzug gemacht hat, die
Empörung blieb.
Daniel Vasella bei der Novartis-Hauptversammlung |
Statt dieser Selbstbedienung endlich Einhalt zu gewähren und wieder für Löhne zu sorgen, die diesen Namen auch verdienen, setzen unsere
Volksvertreter lieber auf Selbstverantwortung. Von einer durch Korruption
verseuchten Industrie so etwas wie Selbstverantwortung zu erwarten ist ähnlich
naiv, wie vom einem Süchtigen zu erwarten er möge das Kokain vor seiner Nase verschmähen.
Wer glaubt, dass sich dekadente Firmenlenker zu Gunsten ihrer Mitarbeiter
zügeln, der liegt nicht nur falsch sondern ist zudem ziemlich naiv. Wer sich einmal an einen luxuriösen Lebensstil gewöhnt hat, der kann nur schwer von diesem lassen. Korrupte Arbeitnehmervertreter, die sich an Nutten und Champagner gewöhnt haben, vertreten wohl eher die Interessen ihrer Geldgeber und weniger der bedürftigen Arbeitnehmer.
Wer also hier in Deutschland in Kürze eine Änderung der prekären Situation erwartet, der kann warten bis er schwarz wird. Leider sind auch Politiker und
Gewerkschaftslenker korrumpiert und viele sind mit Geld gefügig gemacht. Die Politik ist europaweit
mit Lobbyisten durchseucht und welche Lobby hat der Bürger - KEINE. Wir
schaffen es nicht einmal uns zu organisieren, bei Demonstrationen sind gerade
einmal ein paar Tausend auf den Straßen, so lassen sich verkrustete Strukturen
nicht aufbrechen. Die Masse wird mit Brot und Spielen und mit der Angst vor
Arbeitsplatzverlust ruhig gestellt und wirkt wie paralysiert. Unsere Jugend wird von Massenmedien gesteuert,
die ungebremsten Konsum als ultimativen Lebenssinn propagieren. Warum leben gerade
in unserem Lande so viele Ignoranten, Heuchler und Egoisten? Hat das etwas mit
unserem Genpool zu tun oder warum sind Franzosen, Spanier und Griechen, ja
sogar Ägypter, sehr viel kämpferischer und mutiger wenn es um ihre Rechte geht. Warum schafft es Deutschland nicht
einmal, diese Probleme objektiv zu thematisieren und zu diskutieren. Warum nur ist
die deutsche Presse so oft das manipulative Werkzeug der herrschenden Klasse,
warum kommt sie ihrem Auftrag, Missstände öffentlich anzuprangern, immer
weniger nach. Hier liegt auch der Schlüssel für den Niedergang der Presse, sie
passt sich an das Niveau vieler Fernsehsender an und für Schrott wollen
Menschen heute keinen Penny mehr bezahlen. Das wenige noch verfügbare Geld wird in die wirklich wichtigen Dinge investiert. Pressefreiheit ist in Deutschland
eine Utopie, wenn wundert das, wenn auch bei uns und nicht nur in Italien die
vermeintlich freie Pressen von der Politik gesteuert wird. So ist
beispielsweise die SPD zu 50% an einem Verlag beteiligt. Kann ein Journalist
provokant über eine Partei schreiben, wenn diese doch sein Brötchengeber ist?
Sicher nicht!
Anstelle einer echten Initiative, die unsere Bevölkerung
endlich wach rütteln und zum Handeln bringen würde, ziehen pseudo-politische
Talkshows á la Maybritt Illner das Ganze auch noch ins Lächerliche. Politiker
werden in diesen Talkshows mit Samthandschuhen angefasst, Probleme werden
verharmlost oder, was noch fataler ist, einfach ins Lächerliche gezogen. Dass
der Rest der Welt über uns Deutsche lacht und den Kopf schüttelt, interessiert
die Masse der Ignoranten wenig. Anstatt die Arbeit niederzulegen, die Republik
zu blockieren und auf diese Weise die so dringenden Veränderungen in der Arbeits-
und Lohnstruktur herbeizuführen, ziehen wir es vor froh zu sein – über diese tolle
Leiharbeit, diesen Minijob oder das geliebte, wenn auch unbezahlte, Praktikum. Schließlich
haben wir dazu 10 andere Bewerbern ausgebootet, ein echtes Erfolgserlebnis.
Wenn wir nicht endlich aufwachen und uns einmischen, uns
empören, dann werden wir enden wie Spanien und Griechenland. Nivellierung heißt
das Schlüsselwort, ganz Europa soll nivelliert werden auf ein Niveau, das
global konkurrenzfähig ist. Werfen wir einen Blick zurück in die Geschichte,
lernen wir aus diesen Fehlern und vermeiden wir dadurch, was frühere Menschen
nicht vermeiden konnten – einen Krieg. Es ist ganz einfach, wie schon Stéphane
Hessel in seiner Abhandlung „Empört Euch“ vorschlägt, wir müssen uns nur auf
Artikel 22 der Menschenrechte berufen, dort findet sich das Wichtigste „Schwarz-auf-Weiß“.
Wir haben ein Anrecht darauf, fordern wir es also endlich ein.
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